:: Lech Poznan - Grasshoppers

Nach den bisherigen 2 Europacup Flugreisen stand wieder einmal eine Carfahrt auf dem Programm. Nach der asozialen Fahrt vor fast genau 2 Jahren ins 220 km weiter entfernte Plock (die Reise dauerte damals rund 44 Stunden.) war das Interesse an dieser Reisemöglichkeit eher mässig. Ein minus von rund 20 Leuten im Vergleich zur letzten Fahrt ist doch sehr traurig, für das man Auswärtsspiele zurzeit als so geil betrachtet... Von den 31 Busfahrern waren etliche bereits bei der legendären Fahrt dabei, so wurde natürlich in Erinnerungen geschwelgt und Vergleiche angestellt. Bis zum ersten „Highlight“ gings diesmal nicht mal lange. Die Szene spielt in St. Gallen St. Fiden: Ein Teilstück der Autobahn war gesperrt, so gings auf die normale Strasse. Die orangen Umleitungswegweiser sollten eigentlich der einfachkeit halber den Weg zur nächsten Autobahnauffahrt weisen, aber weshalb denen folgen wenn ein beleuchtetes Autobahnschild nach rechts zeigt. Dumm nur das Chauffeur, nennen wir ihn mal Ruedi, schon zum abbiegen nach links eingespurt hat. Da es zu dieser Zeit schon nach Mitternacht war, hielt sich der Verkehr in Grenzen und so gings kurzerhand doch nach rechts. Urplötzlich wollte aber doch noch jemand von der korrekten rechten Spur abbiegen – ein Audi. Nach dem Motto dä schnäller isch dä gschwinder, wurde der Car um die Kurve gezogen, der Audi hatte das nachsehen. So hatte man noch nicht einmal das Land verlassen, schon den ersten Unfall zu verzeichnen, zum Glück blieb es der einzige derartige Vorfall. Nachdem das Unfallprotokoll ausgefüllt war und die männlichen Carinsassen die blonde Autolenkerin begutachtet hatten, gings weiter (zur Anmerkung: es war die falsche Richtung). So kam man Minuten später noch einmal an der selben Stelle vorbei, wo man dann doch den orangen Wegweisern nachfuhr und den Weg über die Grenze fand.
Bis zum nächsten Highlight vergingen einige Stunden und Kilometer. Der zweite Chauffeur hatte den Auftrag Richtung Frankfurt an die deutsch-polnische Grenze zu fahren. Gut, kann ja nicht jeder wissen das Frankfurt am Main eher nicht an Polen grenzt. Der Zeitverlust hielt sich in Grenzen da man den Fehler rasch bemerkt hat und schnell wieder die Richtung wechseln konnte. Mittlerweile ist auch der Grenzübergang bei Frankfurt an der Oder verwaist, so das die Fahrt diesmal mit beiden Fahrern weiter gehen konnte. Erfahrungsgemäss sollte man nicht immer die erst beste Gelegenheit nutzen um Geld zu wechseln, an der Grenze bekamen allerdings alle für 25 Euro gut 80 Zloty, was ziemlich dem tatsächlichen Wechselkurs entsprach. Gespannt war man wie sich die Autobahnsituation entwickelt hat; vorerst gings aber weiter auf der 2 spurigen Strecke wo durchaus auch 3 Spuren sein könnten, wie man bei zahlreichen Überholmanövern feststellen konnte. Bevor man allerdings die Autobahn erreichte wurde ein allgemeiner Zeitvertreibungshalt absolviert. Während den knapp 4 Stunden blieb genügend Zeit um warm zu essen, sich mit Ess- und Trinkwaren einzudecken, Massagestühle auszuprobieren oder sich der Körperhygiene zu widmen [wenn auch nur den Zähnen ;-)]. Nebenbei konnte man sich bei herrlichem Sonnenschein zu einem Mittagschlaf in der Wiese hinlegen oder den verschiedensten Tieren bei verschiedensten Aktivitäten bzw. deren Versuche zuschauen.
Rechtzeitig gings weiter Richtung Posen. Nach wenigen Minuten: Stau. Auch das kannte man von der letzten Polenreise, der Grund war damals ein Kreuzung zweier wichtiger Achsen. Mittlerweile hat man auch dort gemerkt, dass ein Kreisel wohl die beste Verkehrslösung ist, denn ¾ waren bereits fertiggestellt. Nach Rücksprache mit den Verantwortlichen von GC wusste man, das man irgendwo auf der Autobahn von der Polizei abgeholt werden sollte. In Plock warteten damals etliche Kastenwagen, was diesmal allerdings nicht der Fall zu sein schien. So nahm man dann mal die zweite Ausfahrt in Poznan und hoffte wenigstens vom Stadtrand an zum Stadion gelotst zu werden. Nach einigen Minuten wurde der Car dann entdeckt – von nur gerade einem zivilen Kastenwagen, später folgte dann mal noch ein zweites Fahrzeug zur „Rückendeckung“. Wie man bereits auf der Fahrt erfuhr, wurden die Gastfans fürs heutige Spiel im VIP-Block auf der Haupttribüne platziert, was auch den anfänglichen Preis von 75 Zloty erklärte. Letztlich konnte GC die Tickets auf 40 runterhandeln (ca. CHF 20.-). Der Sicherheitschef von Lech Poznan erklärte im Car dann das wir den anderen VIP-Gästen unsere Tickets nicht unter die Nase reiben sollten, da diese beinahe das doppelte für die selben Plätze hinlegen durften. Da wir von nun an sogenannte Cüplifans waren, konnten wir auch ohne Kontrolle in den Block. Dazu wurde uns Gratisessen und Trinken in Aussicht gestellt. Im Block mussten dann erst mal alle Probesitzen, wir erhielten 3 Reihen à plus minus 10 Sitzen. Fans, sitzen? Schnell wurde den Verantwortlichen erklärt das man lieber die 3 obersten Reihen hätte, da man sicher während 90 Minuten stehen wird. Wir behielten unsere Plätze ohne das es Probleme gab, der Block war zum Glück auch nicht ganz voll. In den untersten 5 Reihen konnte man übrigens gerade mal die Hinterseite der Auswechselbank sehen.
Bereits während dem warm-up der Teams hörte man die ersten Gesänge aus dem Block der Polen. Die GC-Fans nutzen, im Wissen das während dem Spiel stimmungsmässig kaum mehr etwas zu holen sein wird, das noch nicht sehr gut gefüllte Stadion um sich akustisch bemerkbar zu machen. Da das Miejski Stadion zur Zeit für die EM aufgerüstet wird, war die eine Hintertortribüne komplett gesperrt. So war die Hütte mit 16'500 Zuschauern auf den anderen drei Rängen ausverkauft. Nachdem sich die Cheerleader verzogen und die Vereinshymne abgespielt wurde, gings los. Während die Fans im Heimblock eine klare horizontale Linie zwischen blau und weiss durch tragen von Shirts erzeugten, verlief die Linie der Kunstoffbänder der Gästefans vertikal zwischen den selben Farben. GC trat mit 3 personellen Änderungen zum Derby an, Daprelà spielte für Mikari, Sabanovic für Bobadilla und Demba für den verletzten Zarate. Jeder Spieler im Kader muss zwar bereit sein alles zu geben, man merkte an der Aufstellung aber schon ein wenig das es kein Weltuntergang geben wird, wenn man dieses Spiel nicht gewinnen sollte. Allerdings ganz neu war dieser Schachzug mit Joker Bobadilla auch nicht, wer allerdings etwas erreichen will, tritt so nicht auf. Bereits in der 4. Minute nahm das Unheil seinen lauf. Auf individuelle Schuldzuweisungen wird an dieser Stelle verzichtet, da das Mittelfeld seine Verteidigung wenig bis gar nicht unterstützt hat. Mit dem 1:0 wurde natürlich zusätzlich Zündstoff zum sonst schon bestens lodernden Stimmungsfeuer gegeben. 10 Minuten später zappelte das Netz hinter Jakupovic bereits wieder. Immerhin bliebs bis zur Pause beim 2:0. So konnte man im VIP-Zelt bei Gratiswürsten und Spiesschen sowie Freibier durchaus gutgläubige Hoppers ausmachen. Mit einem 2:1 hätte man sich fürs Rückspiel durchaus noch Chancen aufrecht erhalten können. Mit Zuber und Bobadilla kamen denn auch gleich 2 frische Kräfte. Was Trainer Latour in der Pause zu den Spielern gesagt hat ist nicht bekannt. Jedenfalls war jetzt fertig lustig, allerdings für die Hoppers. Es kübelte doppelt so viele Tore wie in der 1. Halbzeit. Beim Stand von 6:0 liess es sich das ganze Stadion auch nicht nehmen mit einem Zurych, Zurych, Aufwiedersehn-Gesang den Sieg zu feiern und die Zürcher zu verspotten. Das man dieses Spiel verlieren kann, war durchaus klar, das hingegen heute nur gerade Steven Zuber, mit 17 Jahren der jüngste auf dem Platz, erkenntlichen Kampfeswille an den Tag legte, wird sicher noch nicht ausdiskutiert sein. Das man die mitgereisten Fans nach dem Spiel dann einfach stehen lässt, allen voran der Captain, ist einfach schade. Bei aller Enttäuschung (die bei beiden vorhanden ist), viel würde es da auch gar nicht brauchen und wird von den Fans auch nicht verlangt, aber so muss sich dann auch niemand mehr wundern wenn nicht nur bei Heimspielen die Zuschauer ausbleiben. An dieser Stelle sei erwähnt das dann doch noch der eine oder andere, auch erst nach mehrmaligen zurufen, an den Zaun gekommen ist.
So verliessen Fans das Stadion nicht nur mit dem Gefühl deftig eines auf den Sack bekommen zu haben, sondern auch mit den Gedanken das dies der letzte Europaausflug gewesen sein wird. An ein Wunder von St. Gallen glaubt niemand mehr, was sich bestimmt auch auf die Kasse auswirken wird. Ein Auswärtsspiel im wahrsten Sinne des Wortes ist fürs Rückspiel garantiert. Vorerst hatte man aber noch ein ganz anders Problem. Der Car war plötzlich nicht mehr dort wo uns die Ordner hingeführt hatten. Zum Glück stand er nur unweit in einer Nische sicher unter der Tribüne. Dort verabschiedete man sich von den Verantwortlichen von GC, die einmal mehr tiptop vorgesorgt haben, ein Kompliment an dieser Stelle. Mit blaulicht wurde der Car auf die Autobahn zurück eskortiert, so durfte auch Ruedi, sehr zu seiner Freude, einmal ungestraft ein Rotlicht überfahren. Die Rückfahrt verlief ruhig und zügig, so das man bereits am frühen Nachmittag wieder in Zürich eingetroffen ist.
Jetzt warten alle gespannt auf den Auftritt des Teams am Sonntag in Neuenburg, wo man nach dem miesen Gekicke hoffentlich eine Top engagierte Leistung der blau-weissen erwarten darf, ansonsten muss man sehr aufpassen das die Stimmung nicht zu schnell ins Negative kippt. Am besten geht’s ohne Notbremse – vollgas drauf los!

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